Feinstaub, Dauerstaus und Parkplatznot – der Autoverkehr stellt Großstädte zunehmend vor unlösbare Probleme. Das gilt ganz besonders für die deutsche Hauptstadt. „In Berlin gibt es über eine Million Autos“, sagt Danilo Behrend, Geschäftsführer und Gesellschafter von
Scooterhelden, „wenn die alle unterwegs sind, das ist der helle Wahnsinn.“ Warum also nicht auf alternative Konzepte setzen?, dachten sich Behrend und sein Geschäftspartner Marcel Hutfilz. Auf ihren Reisen hatten sie in China die Vorteile von Elektrorollern entdeckt und importierten sie privat nach Deutschland. Besonders schnell kamen sie mit den Fahrzeugen allerdings nicht voran: „Wir wurden gefühlt alle 300 Meter darauf angesprochen, was das denn für tolle Maschinen seien und wo man diese kaufen könne“, erinnert sich Behrend.
Den beiden Vertriebs- und Marketingprofis, beide viele Jahre in der Automobilbranche tätig, ließ das enorme Interesse an den elektrischen Fahrzeugen keine Ruhe. Sie entschlossen sich, einen Vertrieb aufzubauen und die Roller über eine Webseite zu verkaufen. Doch ohne Probefahrt wollte kein Interessent so richtig anbeißen. „Die Leute riefen ständig an und wollten die Fahrzeuge sehen“, sagt Behrend, „dann haben wir nach Feierabend die Maschinen aus dem Keller geholt und sind zur Freude unserer Nachbarn mit den Kunden im Hof herumgekurvt.“
Schnell war klar: ein Laden muss her. So starteten Hutfilz und Behrend 2014 mit rund 20 Produkten in einem kleinen Shop von 40 Quadratmetern Verkaufsfläche. Der platzte bald aus allen Nähten, denn das Produktportfolio erweiterte sich ständig: „Wir beobachten permanent den Markt, gehen auf Messen, schauen, was die Kunden wollen und wo die Entwicklung hingeht“, erklärt Behrend. Heute bieten die Scooterhelden nicht nur E-Roller, und Elektrofahrräder, sondern auch elektrische Einräder, Skateboards und sogar Fahrzeuge für Menschen mit Bewegungseinschränkungen an. „Es gab vermehrt Anfragen von älteren Kunden, die ein kompaktes Gefährt zum Mitnehmen gesucht haben“, erklärt Behrend die Produktentscheidung.
Ende 2016 wurde die bisherige Lokation endgültig zu klein: „Alles war zugestellt, Produkte hingen an den Wänden und an der Decke, um Kunden etwas zeigen zu können, mussten wir auf die Straße gehen, weil im Laden kein Platz mehr war.“ So fiel der Entschluss, sich deutlich zu vergrößern. Der neue Flagship Store in Berlin Schöneberg ist mit über 200 Quadratmetern mehr als fünf Mal so groß wie die alte Dependance. Dort stemmen Behrend und Hutfilz gemeinsam mit einem festen Angestellten, zwei Werkstudenten und einer Aushilfskraft die komplette Arbeit – von Verkauf und Vermietung der Fahrzeuge über Vertrieb und Marketing bis hin zum Werkstatt-Service.
Risiko Gesetzgebung
Die Expansion berge durchaus auch Risiken, sagt Behrend. Viele der angebotenen Produkte sind ganz neu auf dem Markt und es ist unklar, ob sie überhaupt langfristig in Deutschland vertrieben werden dürften: „Wenn sich der Gesetzgeber gegen eine Zulassung entscheidet, können wir das Produktsegment nicht mehr verkaufen.“ Dessen Mühlen mahlen zum Teil extrem langsam, wie die Scooterhelden erfahren mussten: „Wir haben 2014 mehrere Produkte, darunter elektrische Einräder, zur Begutachtung an das Kraftfahrt-Bundesamt geschickt, aber keiner weiß, was in den vergangenen vier Jahren damit passiert ist“, ärgert sich Behrend, „es geht viel zu langsam voran.“ Erschwerend kommt die deutsche Kleinstaaterei hinzu. „Jedes Bundesland tickt anders“, sagt der Geschäftsführer, „es kommt immer wieder vor, dass zertifizierten Fahrzeugen in einem Bundesland der TÜV-Stempel verweigert wird, weil der Prüfer vor Ort das Produkt nicht kennt.“
In anderen europäischen Ländern wie Frankreich, Österreich oder der Schweiz gestalten sich Zulassung und Vertrieb wesentlich einfacher. Vor allem Kunden aus dem europäischen Ausland, aber zunehmend auch deutsche Interessenten, die nicht nach Berlin kommen können oder wollen, bestellen Roller und andere Elektromobile mittlerweile auch direkt online, ohne vorher eine Probefahrt gemacht zu haben. Behrend führt das zunehmende Vertrauen unter anderem auf die mehrjährige Marktpräsenz der Scooterhelden, aber auch auf eine Umfirmierung zurück: „Als Einzelunternehmen hatten wir öfter Diskussionen mit Kunden über Sicherheiten. Seit wir als GmbH agieren, hat sich dieses Thema komplett erledigt.“
Zum Kundenvertrauen trägt laut Behrend auch PayPal maßgeblich bei. „Der PayPal-Käuferschutz, der 180 Tage lang gilt, ist ein hervorragendes Argument gerade für Kunden, die etwas unsicher sind.“ Der Geschäftsführer schätzt es besonders, dass der Käuferschutz nicht auf dem Rücken des Handels ausgetragen wird: „PayPal ist da sehr fair und schützt auch den Händler vor unberechtigten Rückforderungen.“ Die hohe Sicherheit und unkomplizierte Abwicklung überzeugt immer mehr Kunden: „Rund 70 Prozent bezahlen bei uns über PayPal“, rechnet Behrend vor. Darüber hinaus bieten die Scooterhelden auch Kreditkartenzahlung, Lastschrift und Kauf per Rechnung über den Zahlungsdienstleister an –
PayPal PLUS macht’s möglich.
Ratenzahlung Powered by PayPal ist ebenfalls in den Shop integriert. „Das funktioniert sehr unkompliziert“, sagt Behrend.
Erheblich zum Online-Erfolg dürften aber auch die zahlreichen Videos auf
YouTube beitragen, in denen die Scooterhelden Produkte im Praxistest auf Herz und Nieren prüfen und dabei auch Schwachstellen oder Qualitätsmängel kritisch beleuchten. Die Filme sind Teil der zahlreichen Social-Media-Aktivitäten, die Hutfilz und Behrend nicht nur auf YouTube, sondern auch auf
Facebook und
Twitter betreiben. Der intensive Dialog mit den Interessenten über die verschiedenen Kanäle bringt aber auch Herausforderungen mit sich: „Bei den vielen Anfragen, die wir über Social Media, per E-Mail und Telefon bekommen, ist die Versuchung groß, auch noch am Sonntagnachmittag auf Kundenwünsche zu reagieren“, sagt Behrend, „da muss man aufpassen, dass man sich nicht selbst überfordert.“
Dabei haben die Scooterhelden ein wenig Erholung am Wochenende durchaus nötig, denn unter der Woche geben sie weiter Vollgas. Die neuen Räumlichkeiten platzen bereits aus allen Nähten. „Wahrscheinlich müssen wir im kommenden Jahr schon wieder umziehen“, glaubt Behrend. Vor allem der Handel mit E-Mofas boomt. „Das ist ein Segment, das sich sehr stark entwickelt hat und in dem das Kundeninteresse massiv zunimmt.“ Auch in die Vermietung von Fahrzeugen, bisher vor allem Firmenevents vorbehalten, könnte Bewegung kommen. „Für ein Vermietgeschäft im Privatbereich fehlen uns derzeit noch die Kapazitäten“, sagt Behrend, „das könnte sich im kommenden Jahr ändern.“