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#supportyourlocal
In kürzester Zeit entstand ein bundesweites Hilfsportal für lokale Geschäfte. Wir sprachen mit Initiator Stefan Nolte.
Das Coronavirus trifft die Gesellschaft hart. Viele Kleinunternehmer müssen gezwungenermaßen vorübergehend schließen, können jedoch nicht Wochen oder Monate ohne Umsatz überleben. Innerhalb von nur zwei Wochen haben sich bei www.supportyourlocal.online spontan Programmierer, Kreative und PR-Arbeiter zu einem Non-Profit-Team zusammengeschlossen und ein übergreifendes Hilfe-Portal für lokale Geschäfte in Not auf die Beine gestellt. Das Team hat eine Plattform geschaffen, die eine Übersicht der verbreiteten Initiativen im ganzen Land und in den verschiedenen Branchen zeigt. Sie möchten unter dem Hashtag #supportyourlocal die Gesellschaft dazu aufrufen, sich mit den betroffenen Unternehmen zu solidarisieren und sie zu unterstützen.
Jeder kann helfen indem er jetzt Gutscheine kauft, so für den im Moment dringend benötigten Umsatz sorgt und die Gutscheine später einlöst, wenn das Restaurant oder Geschäft wieder geöffnet hat. Wir sprachen mit Stefan Nolte, der neben Per Johansson Initiator der Aktion ist.
PayPal: Wie und wann kam euch die Idee für Supportyourlocal.online?
Stefan Nolte: Die Idee kam an einem Sonntag Mitte März. Wir haben das Glück, mit unserer beruflichen Tätigkeit nicht unmittelbar von den aktuellen Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus betroffen zu sein. Entsprechend wollten wir uns im Rahmen einer gemeinnützigen Initiative darauf fokussieren, denjenigen zu helfen bei denen das anders ist: die vielen kleinen Läden, Cafés, Bars, Restaurants und Dienstleister, die unsere Wohnviertel so lebenswert machen. Darüber hinaus habe ich zur Gastronomie einen besonderen Bezug, da mein Bruder in meiner Heimatstadt Erfurt eine Musik Bar betreibt, die er nun auch schließen musste.
PayPal: Erklär uns doch noch einmal die Kernidee eurer Plattform.
Stefan Nolte: Wir möchten unter dem Hashtag #supportyourlocal die Gesellschaft dazu aufrufen, sich mit den betroffenen Unternehmen zu solidarisieren und sie zu unterstützen, zum Beispiel mit dem Kauf von Gutscheinen. Mit unserer Idee sind wir zum Glück nicht die einzigen: Innerhalb der letzten Wochen haben sich viele weitere, zumeist lokale Initiativen mit ähnlichen Ansätzen gebildet. Mit unserer Plattform wollen wir einen Überblick über die Initiativen bieten und sie somit unterstützen. Uns war es dabei vor allem wichtig ein überregionales Angebot zu schaffen, um auch dort zu helfen, wo es vielleicht noch keine Infrastruktur gibt.
Wir arbeiten nun daran allen teilnehmenden Unternehmen aller Initiativen die Möglichkeit zu geben, sich einer großen Reichweite zu präsentieren. Dafür entwickeln wir auf unserer Plattform www.supportyourlocal.online eine kartenbasierte Suche (eine Art “Google Maps für Gutschein-Shops”), wo sich Kunden informieren können, welche Lieblingsorte in ihrer Nähe eine Hilfsaktion oder einen Gutschein-Shop gestartet haben.
PayPal: Wie können Einzelhändler mitmachen?
Einzelhändler können sich kostenlos auf unserer Seite ein Profil anlegen, um auf ihren Gutschein-Shop oder ihre Aktion hinzuweisen. Darüber hinaus sammeln wir stetig Ideen, Tipps und kreative Ansätze von allen Beteiligten und weisen alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer darauf hin.
Wir bieten wir zudem über unseren Partner firstvoucher eine Lösung an, mit der Einzelhändler ihren eigenen Gutschein-Shop bei uns anlegen können. Die normalerweise fällige Verkaufsgebühr von 4,9 Prozent des Umsatzes entfällt für die ersten zwei Monate und über Vorkasse können sie komplett kostenlos ihren Shop betreiben.
PayPal: Wie hab ihr es geschafft, so schnell mit einem übergreifenden Portal an den Start zu gehen, damit Betroffenen lokalen Kleinunternehmen geholfen werden kann?
Stefan Nolte: Es war nicht alles gleich ab Tag eins da – wir sind gestartet und haben die Idee iterativ weiterentwickelt. Gleich am Sonntag haben wir eine Struktur entworfen, die wir bis Mittwoch weiterentwickelt haben und Donnerstag gingen wir schon damit online. Auf Basis von Feedback haben wir es immer erweitert. Zum Glück hat uns ein Designer pro bono mit einem kompletten Redesign unterstützt. Ein Entwickler der am Harvard's Growth Lab in Boston arbeitet, hat die Kartenbasierte Suche und Navigation gebaut. Wir haben glücklicherweise tolle Helfer aus der ganzen Welt – ohne die hätten wir das nicht geschafft. Bemerkenswert ist zum Beispiel, dass ein Experte aus den USA gar keinen Bezug zu deutschen Gastronomen hat und trotzdem mithilft. Ich habe zwar Informatik studiert, aber es wäre anmaßend zu behaupten, dass ich in wenigen Tagen eine gute E-Commerce Software bauen könnte, worüber man Shops aufsetzen kann.
PayPal: Wie wichtig war und ist PayPal als Bezahllösung für die Gutscheinbeträge?
Stefan Nolte: Es war uns sehr wichtig, dass die Bezahlung sehr einfach geht. PayPal ist in Deutschland sehr verbreitet. Wer sich mit E-Commerce beschäftigt weiß auch, dass die Konvertierungsrate stark davon abhängt wie einfach das Bestellen und vor allem das Bezahlen ist.
PayPal: Kann der Besucher den Betrag für den Gutschein selbst auswählen?
Stefan Nolte: Der Standardwert ist zehn Euro. Der Nutzer kann innerhalb von Grenzen den Betrag selbst wählen. Bei der Gestaltung von Gutscheinen ist es auch möglich kreativ zu sein. Ein Irish Pub hat zum Beispiel seine Getränkekarte in seinem Gutschein-Shop abgebildet und dort ist es möglich jemanden per Gutschein ein Bier auszugeben. Das ist einer der erfolgreichsten Shops. Kreativität zahlt sich also aus. Es ist eine Notsituation, aber in eine schöne Idee verpackt, kaufen dann auch Leute Gutscheine, die das so vielleicht nicht gemacht hätten. Der durchschnittliche Gutscheinwert ist übrigens 33 Euro.
PayPal: Wie ist der Erfolg eurer Initiative bisher?
Stefan Nolte: Wir haben seit dem Start bis Ende April, allein über die Shops, die bei firstvoucher gemeldet sind, schon über 235.000 Euro an Gutscheinen generiert. Bei den Gastronomen kommt die Initiative sehr gut an, weil wir ihnen helfen sich selbst zu helfen, indem wir die technische Infrastruktur und Support für das Aufsetzen des eigenen Gutschein-Shops über firstvoucher anbieten. Wir haben auch sehr viele Anfragen von anderen Initiativen. Wir merken, dass viele Leute zusammenarbeiten wollen, um irgendwie durch die Krise zu kommen – und das ist eine sehr schöne Bewegung.
Aber auch die Hilfsbereitschaft von vielen – uns bislang unbekannten - Menschen ist unglaublich. Aus unserer Zwei-Personen-Initiative ist mittlerweile ein Team von neun Leuten aus der ganzen Welt entstanden - unsere Mit-Initiatoren kommen aus Brasilien, Frankreich, Indien, England, Schweden und den USA. Alle haben Vollzeitjobs und arbeiten in ihrer Freizeit Tag und Nacht daran unsere Bewegung voranzutreiben. Das ist ein ganz besonderes Gefühl.